Statuten der Leopoldina
Die erste Seite der leges (Statuten) der Akademie, wie sie zum ersten Mal 1662 gedruckt vorlagen:
Gesetze der Akademie der Naturforscher
I. Die Ehre Gottes, die Erhellung der Heilkunst und der sich daraus ergebende Nutzen für den Nächsten sei Ziel und einziger Wegweiser der Akademie der Naturforscher.
II. Zum Schutz gereiche der Akademie die göttliche Vorsehung, die Beschirmung durch die Mächtigen sowie der größte Nutzen in rechtschaffenen öffentlichen Angelegenheiten, nach dem, wenn nicht jeder einzelne, so doch die meisten und verständigeren trachten werden. Der Schutz der eigenen Unversehrtheit ist allen Schätzen vorzuziehen.
III. Die Akademie soll nur einen Präsidenten haben, dessen Aufgabe es sei, jedem Mitglied der Akademie der Naturforscher (wobei als Mitglieder nur Doktoren, Lizentiaten, oder diesen an Gelehrsamkeit Nahestehende, alle jedoch Ärzte, zuzulassen sind) einen Forschungsgegenstand aus dem Mineralien-, Pflanzen- oder Tierreich zu übertragen, der ihm zusagt, wenn er nicht bereits von einem anderen Kollegen zur Genüge bearbeitet worden ist.
IV. Diesen Gegenstand soll das Akademiemitglied sorgfältig und mit der größtmöglichen Umsicht bearbeiten, indem er dessen Namen, Synonyme, Entstehungsart, Fundorte, Unterscheidungsmerkmale, Arten, Auslese, ferner die Kräfte sowohl des Ganzen als auch der Teile sowie die daraus zu bereitenden gewöhnlichen und chemischen Medikamente, einfache und zusammengesetzte, untersucht, ungefähr in der Art, wie Rosenberg die Rhodologie, Strobelberger die Mastichologie, Gans die Corallologie, Agricola den Cervus excoriatus, Bauhin den Bezoarstein und Blochwitz den Holunder abgehandelt haben.
V. Dabei soll er sich auf anerkannte Autoren, eigene Beobachtungen sowie vertrauenswürdige Berichte und Wahrnehmungen anderer stützen.
Übersetzung: Thomas Hübner, zitiert nach: Benno Parthier: Die Leopoldina. Bestand und Wandel der ältesten deutschen Akademie. Festschrift des Präsidiums der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina zum 300. Jahrestag der Gründung der heutigen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1994, Halle 1994, S. 118.